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1956-2006: 50 Jahre EVP Köniz

Gerne hätten wir unser Jubiläum im Jahr 2006 gefeiert. Es kam anders. Der vorgesehene Termin ging von den Räumen her nicht, die Akteure konnten kein gemeinsames Datum finden und letztlich musste der Anlass einfach nach dem vollendeten fünfzigsten Jahr festgelegt werden.

Das wiederum gab Gelegenheit, die Zeit zu nutzen, um eine Jubiläumsschrift zu erstellen. Worauf wir flugs in der nächsten Schwierigkeit landeten. Es fehlt ein Archiv, wo die Ereignisse der Vergangenheit dokumentiert sind. Sie finden also keine lückenlosen Aufzählungen vergangener Taten.

Zum politischen Leben gehören Fraktionen, Listenverbindungen, Kommissionen und dergleichen mehr. Sie finden Aufschluss und Erklärungen zu diesen Begriffen, auch in den Stimmen ehemaliger Ratsmitglieder und schliesslich eine Liste unserer Behördemitglieder.

Aus den Berichten ehemaliger Akteure lässt sich dafür ein wenig der Puls vergangener Jahre spüren.

Wichtig schien uns, ihnen auch die Gegenwart nahe zu bringen. Die heutigen Aktiven stellen sich vor. Und sie sagen Ihnen, welche Leitlinien für sie, aber auch für die EVP von Bedeutung sind und wo Schwerpunkte in der kommunalen Politik gesetzt werden. Gibt es christliche Politik in der Gemeinde? 

Die EVP gestern und heute: Wir freuen uns, weiterhin für eine lebenswerte Gemeinde Köniz tätig zu sein und danken Ihnen für alle Unterstützung.

Köniz, im Frühjahr 2007

Mit freundlichen Grüssen

Der Präsident: Rolf Zwahlen

Anfänge - So fing es an.

Christlich gesinnte Menschen gab es seit jeher in den Parteien. Auch in Köniz. So gab es zum Beispiel die in den 40er Jahren neu gegründete „Jungbauernbewegung", in der sich evangelisch ausgerichtete Bürger engagierten. Die kleine Partei erreichte zu Beginn ansehnliche Wahlresultate. Später unterstützten die „Evangelischen" die Gruppe der „Parteifreien Demokraten". Das Gedankengut dieser Vereinigungen vermochte aber aus verschiedenen Gründen nicht immer zu befriedigen, so dass der Wunsch nach einer eigenen Gruppe entstand, wie sie in der Stadt Bern als Sektion der „Evangelischen Volkspartei" bereits existierte.

Vater Otto Zwygart führte Gespräche mit Gesinnungsfreunden und konnte am 17. Januar 1956 zu einem Ausspracheabend einladen, an dem sich 13 Männer entschlossen, eine Ortspartei der EVP zu gründen. Die Richtlinien des Zentralsekretariats der EVP in Zürich dienten zum Ausarbeiten der Statuten. Als Präsident erntete Otto Zwygart, als Kassier Jules Lüscher und als Sekretär Ernst Aeberhard. Am 1. März 1956 wurde die erste Mitgliederversammlung einberufen.

1957 ging die EVP Köniz mit einer eigenen Liste in die Wahlen und gewann einen Sitz im Grossen Gemeinderat. Otto Zwygart nahm 1958 Einsitz in den Rat der 40.

1961 wurde die EVP Mitglied der BGB-Fraktion (heute SVP). Otto Zwygart wurde Präsident der Abwasserkommission. Das Amt übernahm später Reinhold Thomet.

1962 wurde bei den Wahlen ein zweites Mandat erreicht. Dieser Sitz ging an Reinhold Thomet, Köniz.

1974-77 bildeten SVP, CVP und EVP zusammen eine Fraktionsgemeinschaft.

Ab 1978 führten CVP und EVP allein eine Fraktion. Die Arbeit dieser Parteien wurde dadurch vermehrt wahrgenommen.

Erinnerung an Pioniere

Otto Zwygart (Senior)

war Lehrer in Köniz und wirkte in der damaligen Evangelischen Gesellschaft mit. Ausserdem war er begeisterter Hobbygärtner. Das führte ihn, in Zusammenarbeit mit Samen- und Pflanzenfirmen, zum Radio, wo er während Jahren als Jakob Bohnenblust die beliebte Sendung „Mys Gärtli" betreute. Auf seine Stimme hörte man in vielen Haushalten und die Ratschläge zum Gärtnern wurden in manchem Garten umgesetzt.

Die EVP war für ihn ebenfalls ein Herzensanliegen. Nach seiner Zeit als Parlamentarier im Grossen Gemeinderat in Köniz schaffte er es in die eidgenössische Kammer. Er stand in seinen langen Jahren als Nationalrat immer der Könizer EVP zur Seite.

Ernst Pauli

war überall wo er wirkte, mit Herz und Seele dabei und verfügte über unermüdliche Kräfte, wenn es galt, seine Überzeugung weiterzugeben. Als Kaufmann reiste er mit seinen Produkten im Land herum und kam mit vielen Menschen in Kontakt. Er verkaufte aber nicht nur, er bot auch überall die frohe Botschaft von Jesus Christus an und warb je nach Situation für das Blaue Kreuz oder die EVP.

Als Prediger und Sonntagsschulleiter der Evangelischen Gemeinschaft (heute Evangelisch-methodistische Kirche) war er vielerorts, auch für die reformierte Landeskirche, unterwegs.

Sein Lebensweg führte ihn dann nach Adelboden, wo er mit seiner Frau als Hotelier wirkte. Später war er Blaukreuz-Fürsorger im Oberaargau, bevor er in seinen Ruhestand nach Schliern zurückkehrte. Es hätte nicht seinem Naturell entsprochen „ruhig" zu sein und so trat er bis zu seinem Ableben für seine Ideale ein.

Peter Wichtermann

ist 1936 im Liebefeld geboren worden und dort aufgewachsen. Nach einigen Wanderjahren wohnte er weitere 43 Jahre mit seiner Familie im Liebefeld. Seine drei Kinder sind längst erwachsen.

Fahrplanplanung und -publikation waren lange Jahre seine Haupttätigkeit bei der Bahn. Heute wohnt er mit seiner Gattin im aktiven Ruhestand in Grosshöchstetten.

Seine journalistischen und zeichnerischen Fähigkeiten machten ihn zum unentbehrlichen Initianten und Mitarbeiter beim Gestalten von EVP-Zeitschriften und Wahlprospekten, auch im Kanton. Niemand sonst hat so langjährige Kenntnisse der Könizer EVP-Geschichte wie Peter. Er kennt und kannte sämtliche bisherigen Behördemitglieder persönlich. Während vielen Jahren war er Präsident der Ortspartei Köniz. Treu und zuverlässig wie immer, war er bereit, diese Jubiläumsschrift verfassen und gestalten zu helfen. Peter, es war eine Freude, wieder mit dir zusammenzuarbeiten. Herzlichen Dank!

Stimmen ehemaliger Ratsmitglieder

In der Reihenfolge Ihres Eintritts in den Grossen Gemeinderat / das Parlament

Otto Zwygart 1957-1969

Das Gründungsmitglied hatte 1975 bei einem Wettbewerb der EVP Köniz eine Dreiseenfahrt gewonnen. Hier ein Ausschnitt aus seinem Bericht:

"Durch einen glücklichen Griff von lieber Kinderhand wurde mir eine prächtige Dreiseenfahrt zugeteilt., welche ich an einem milden Septembertag durchführen durfte. Mit dem eleganten Motorschiff "Stadt Biel" fuhr eine fröhliche Gesellschaft von Biel aus über den schmucken See. Leider lag die weitere Landschaft unter einem undurchdringlichen Nebelschleier, aber zu sehen gab es trotzdem viel, und die ruhige 6 1/2 stündige Schifffahrt unter ständiger Mövenbegleitung war eine wahre Nervenberuhigung... Es ist erfreulich, wie das Vogelschutzreservat La Sauge mit den neu angelegten Vogelinseln an Wert gewonnen hat. Schöne Schwanenfamilien, Graureiherkolonien und mehrere Taucherarten fühlen sich in dem Vogelparadies offensichtlich wohl... Beeindruckend und beruhigend wirken die ausgedehnten Ebenen fruchtbaren Kulturlandes im Grossen Moos. Es tat wohl, eine weite Gegend ohne Bauprofile zu finden..."

Reinhold Thomet 1962-1971

Bereits 1962 zog Reinhold Thomet als zweiter EVP-Vertreter in den Grossen Gemeinderat Köniz ein, dem er 10 Jahre lang angehörte.

Warst Du bereits bei der Gründung der EVP dabei?

Vater Otto Zwygart hatte mich zum Mitmachen in der EVP motiviert. So war ich von Anfang an dabei. Er wurde mein Vorbild und Lehrmeister. Mit ihm erlebte ich im GGR und in der BGB-Fraktion eine gute Zeit. Besonders positiv war, dass ich als Stimmenzähler Mitglied des Ratsbüros war und damit vorab Zugang zu den Ratsgeschäften hatte. Das Präsidium der Abwasserkommission brachte mir viele neue Kenntnisse und Kontakte.

Im GGR hast du einige bemerkenswerte Vorstösse eingereicht. 1967 verlangtest du mit einem Postulat das Einführen des Frauenstimmrechts auf Gemeindeebene und 1968 mit einer Interpellation das Erstellen eines zentralen Verwaltungsgebäudes. Hat das zu Reaktionen aus der Bevölkerung geführt?

Nein, soviel ich mich erinnern kann, nicht. Das ist vielleicht das Undankbare an der politischen Arbeit, dass sie vom „Volk" kaum wahrgenommen wird. Immerhin ist ja in der Zwischenzeit das Frauenstimmrecht auf allen Ebenen eingeführt und fast 40 Jahre später kann die Interpellation „zentrales Verwaltungsgebäude" abgeschrieben werden! 1964 verlangte ich in einer Motion eine Treppenverbindung von der Feldeggstrasse zur Blinzern. Diese Verbindung wurde in recht kurzer Zeit realisiert und soviel ich weiss später auch noch mit einer Beleuchtung ergänzt. Sie dient vielen Fussgängern.

Die parlamentarische Arbeit wurde aber zunehmend zur Belastung, parallel zum Geschäft das ich von der ehemaligen Wagnerei zur Schreinerei und dann zum Sportgeschäft umgestaltete. Gesundheitliche Probleme traten erstmals Anfang der 70iger Jahre auf. Deshalb trat ich Ende 1971 aus dem Grossen Gemeinderat zurück.

Du warst mit Köniz und der oberen Gemeinde stark verwurzelt. Überraschend hast du als 50jähriger 1982 das Geschäft verkauft und bist in die Nähe von Walzenhausen im Appenzellerland gezogen.

Das war eine Fügung. Meine Rückenprobleme zwangen mich, eine andere Lösung zu suchen. Zum einen fand ich einen Nachfolger für das Geschäft, zum andern wurde mir ein Haus in einer landschaftlich wunderschönen Umgebung angeboten. Durch die Familien unserer Kinder und die Verwandten sind wir aber noch heute mit dem Geschehen in der alten Heimat verbunden.

Heiner Moser 1970-1978

Heiner Moser lebt seit seiner Ratszeit auf der Blinzern. Als Sekundarlehrer unterrichtete er in der Sekundarschule Spiegel auch Geschichte und Staatskunde.

Du warst der dritte EVP-Parlamentarier im Könizer Parlament und hast 1970 Otto Zwygart abgelöst. Mit Herbert Zaugg warst du noch zwei Jahre zusammen im Rat und ihr habt euch sofort als Team gefunden. Was war denn deine Motivation, dich auf die EVP-Liste setzen zu lassen?

Ich erlebte Otto Zwygart Senior als Lehrer und wurde 1968 von ihm für eine Kandidatur angefragt. Selber Lehrer geworden, hatte ich das Gefühl, dass Köniz auch kleine Parteien braucht. So liess ich mich 1968 als Unabhängiger auf die EVP-Liste setzen. Ich konnte mich noch nicht für eine Beitritt in eine Partei entscheiden; denn ich war kulturbewusst wie die FDP, hatte ein bäuerliches Gemüt wie die SVP, ein Sozialengagement sie die SP und als bewusster Christ neigte ich zur EVP.

So wie ich mich erinnere, hattest du gute Beziehungen zu den andern Parteien. Wie war diese Zeit in deiner Erinnerung? Kannst du sie positiv werten?

Ja, unbedingt. ich hatte viele wertvolle Begegnungen und lernte viele Zusammenhänge unserer Gesellschaft aus ganz verschiedenen Blickwinkeln besser kennen. Allerdings empfand ich in der SVP-Fraktion, der wir mit der CVP angehörten, eine recht starke Fraktionsgebundenheit. Obschon ich in den Fraktionssitzungen eine Rolle spielen konnte, kam das im Parlament eher wenig zum Ausdruck. Unsere Meinung wurde dort als SVP-Meinung "verkauft".

Das lässt eigentlich auf eine Zubringerrolle schliessen und wenig Akzeptanz?

Das kann man so nicht sagen. Wir wurden als willkommene Gäste behandelt. Der Rat war für mich fair. In den Sitzungen war die persönliche Rolle wichtiger als die Partei oder deren Grösse. Mid den Persönlichkeiten der CVP zusammen waren wir eine Art Katalysator im Grossen Gemeinderat.

Oft wird man an der Anzahl parlamentarischer Vorstösse gemessen. Erinnerst du dich noch an deinen wichtigsten Erfolg?

Es war eigentlich kein parlamentarischer Vorstoss. Als „Hundefeind" bezeichnete ich während einer Budgetdebatte die Hundesteuer von 30 Franken als lächerlich. Aus dem Stand fand ich für die Heraufsetzung eine Mehrheit, weil ich damit auch bei den Landwirten der SVP Unterstützung fand.   

Oft ereignen sich im Rat oder bei der Begegnung mit Bürgerinnen und Bürgern lustige Geschichten.   

Werner Röthlisberger wurde als neuer Ratspräsident gewählt. (Er war SVP-Mitglied). Mein Langzeitgedächtnis funktioniert noch. Das Gedicht, das ich ihm anlässlich der Wahl geschrieben habe, kann ich noch heute auswendig. (Heiner beweist es).

"Liebe Werner Röthlisberger uf dim Presidäntestuel wünsche i vo Härze Glück, offni Ohre, klare Blick, aboluti Seelerueh un es Minimum a Erger, dass dir d'Frou die libi nätti albe d'Sorgefalte gletti."

Kurt Rohmann 1972-1975

Über Köniz, am Rand des Könizbergwaldes, lebt Kurt Rohmann mit seiner Gattin. Er ist über 80 Jahre alt und war als Mitarbeiter im Parlamentsdienst des Bundes von 1958 bis zur Pensionierung 1989 mit seiner Arbeit direkt und sehr intensiv mit dem Geschehen im National- und Ständerat verbunden.

Wie schätzte man damals in diesem Umfeld die EVP ein?

Die Zweierseilschaft Otto Zwygart / Willy Sauser war zuerst in der BGB-, später in der Fraktion der Liberalen Partei angesiedelt. Dadurch war die EVP für die Medien wenig präsent und es war dem Engagement der Parlamentarier zu verdanken, wenn das Gedankengut der EVP bei den Räten anderer Fraktionen Eingang fand. Wichtig war auch, dass durch die EVP-Vertreter die Informationen aus dem Nationalrat in die kantonalen Parteigremien flossen.

Von 1972-76 warst du selbst Parlamentarier im Grossen Gemeinderat von Köniz. Beruflich spieltest du also in der obersten Polit-Liga, in Köniz in der untersten. Gab es da markante Unterschiede im Ratsbetrieb?

Von der Bedeutung der Geschäfte her natürlich schon. Im eidgenössischen Parlament resultieren Gesetze, die für die ganze Schweiz verbindlich sind. in der Gemeinde ist das zwar ähnlich, aber viel weniger professionalisiert. Als ich einmal bei einem Ratsbeschluss vorschlug die Formulierung klarer abzufassen, belehrte mich der Gemeindepräsident, er habe den Text selbst geschrieben und er wisse schon wie das lauten müsse...

Wegen der grossen beruflichen Belastung musstest du auf das Weiterführen des Mandats im Grossen Gemeinderat verzichten. Du hast aber das politische Geschehen bis heute verfolgt. Wie beurteilst du das Wirken der EVP heute?

In den letzten Jahren ist der Einfluss auf allen Ebenen erfreulich gewachsen, sozusagen als Frucht der jahrelangen Arbeit auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Arbeit.

Herbert Zaugg 1977-2003

Mitglied GGR 1977-1988, Gemeinderat 1990-2003

Herbert Zaugg ist zwar in Köniz aufgewachsen, aber seine Familie gehört mit zu den ersten Schliernern, die sich im damaligen Bauerndorf ansiedelten. Als Lehrer der ehemaligen 10. Klasse begegnete er den heranwachsenden Jugendlichen und versuchte, sie zu einem geeigneten Beruf heranzuführen. Als Orientierungsläufer kann er gezielt ein Ziel ansteuern und mögliche Hindernisse rechtzeitig orten.

Herbert, du bist gemeinhin nicht der charismatische EVP'ler, sondern der nüchterne Realist, wenn es um Politik geht. Wie fandst du zur EVP?

Wer mich als Kandidat bei den Wahlen 1973 anfragte, weiss ich nicht mehr. Vermutlich spielte die Tatsache eine Rolle, dass ich vorher während einigen Jahren Präsident des damaligen Jünglingsbundes des Blauen Kreuzes war. Mein Vater war damals schon Mitglied der EVP Köniz. Der vierjährige Aufenthalt an der Schweizerschule in Ghana lehrte mich Toleranz gegenüber anderen Mentalitäten.

Im Grossen Gemeinderat wirktest du 12 Jahre mit. Wie war die Zeit, als die Zusammenarbeit in der Fraktion mit CVP, LdU und FL eine „Blütezeit" erlebte?

Meine Anwesenheit an den Fraktionssitzungen beschränkte sich nicht nur auf die 12-jährige Parlamentszeit; denn ich war dann anschliessend auch noch 14 Jahre als Exekutivmitglied dabei. Nach den Wahlen 77 bildeten wir erstmals die Fraktion CVP/EVP. Das führte bei den Wahlen 81 zur gemeinsamen Listenverbindung, die mithilft, Restmandate zu sichern. Die brachte uns dann die Einsitznahme in die meisten, damals noch zahlreichen Kommissionen. Den gemeinsam erreichten Sitzanspruch teilten wir untereinander auf. 85 kam noch der Landesring und 89 die Freie Liste dazu. Mit insgesamt sechs Sitzen, 89 bis 93 ohne CVP, erreichten wir eine nicht zu unterschätzende Grösse und waren dann in allen wesentlichen Gremien vertreten. Gemeinderat, Grosser Gemeinderat, Geschäftsprüfungskommission und in fast allen andern parlamentarischen Kommissionen. Zudem wurde uns von 1983 an alle vier Jahre das Präsidium des Parlamentes zugebilligt. Die Zusammenarbeit war meistens vorzüglich. Aufeinander hören können, Toleranz gegenüber andern Ansichten entwickeln und die Anzahl der gemeinsam errungenen Sitze gerecht verteilen funktionierten ausgezeichnet und waren der Schlüssel zum Erfolg. Wir profitierten alle voneinander und ergänzten uns hervorragend.

Im Rat hast du dich als fairer, zielstrebiger Partner etabliert. Führte das auch dazu, dass die EVP für das Präsidium im GGR zugelassen wurde?

Bei der erstmaligen Wahl war die Position unserer Fraktion CVP/EVP massgebend. Ein Merkmal für die Akzeptanz war, dass ich bei der Wahl als 2. Vizepräsident dem Gegenkandidaten der SP vorgezogen wurde und dann 1983 das Präsidium übernehmen durfte.

Die Wahl in den (kleinen) Gemeinderat war 1989 auch das Ergebnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit der kleinen Parteien der Mitte. Nacheinander hast du zwei sehr unterschiedliche Direktionen geleitet. War das schwierig?

Es waren sogar drei verschiedene Direktionen. Das Umdenken in einen völlig andren Themenkreis war jedes Mal eine Herausforderung. Im ersten "Departement", der Abteilung Sozialdienste, die ich mir wünsche und gegen Konkurrenz auch bekam, war meine soziale Tätigkeit als Lehrer und die Auseinandersetzung mit Alkoholkranken als Mitglied des Blauen Kreuzes sehr hilfreich.

Bei der Verkleinerung des Gemeinderates 1993 von 11 auf 7 Sitze gab es eine Neuverteilung der Direktionen. Da die Sozialdienste einem Hauptamt zugeordnet wurden, übernahm ich als nebenamtlicher Gemeinderat die Direktion Wehrdienste. Meine militärischen Erfahrungen halfen mir, mich schnell in den hierarchisch strukturierten Bereichen Feuerwehr und Zivilschutz zurechtzufinden. Nach vier Jahren waren die in dieser Zeit in rascher Folge notwendigen Strukturänderungen weitgehend abgeschlossen. Schliessung der kleinen Schiessstände und Zusammenfassung im Schiessstand Platte, Schliessung eines Zivilschutzzentrums in der Region Bern und Verkleinerung des Feuerwehrkorps. Danach wechselte ich noch auf meinen Wunsch für sechs Jahre in die Polizeidirektion. Dort gefiel mir besonders das Verkehrswesen. Bei jedem Wechsel galt es, sich an neue Chefbeamten und andere Arbeitsgewohnheiten und Abläufe zu gewöhnen. Es war eine faszinierende und intensive Zeit, die ich nicht missen möchte.

Wie verstehst Du EVP-Politik?

Die muss sich den drei Ebenen Gemeinde, Kanton und Bund anpassen. In der Gemeinde geht es praktisch immer um Sachpolitik. Bereits im Kanton, aber noch mehr im Bund, handelt es sich vielmehr um übergeordnete Gesetzgebung, in der moralische Aspekte eine Rolle spielen. Entscheidend ist für mich die christliche Grundhaltung, die für alle Personen, mit denen man es zu tun hat, deutlich wahrgenommen werden kann. Politische Entscheide dürfen nicht mit Bibelstellen begründet werden, sondern mit sachlich überzeugenden Argumenten, in denen man die christliche Grundhaltung spürt. EVP-Politiker sind keine Missionare. Das ist besonders wichtig, wenn sich EVP-Mitglieder zu ethischen Fragen äussern.

Christine Willimann 1979-1985

wohnte im Spiegel. Sie starb 1997 nach langer Krankheit. Sie berichtete 1975 aus ihrer Tätigkeit in der Fürsorgekommission (gekürzt):

„Die Fürsorgekommission befasst sich vor allem mit den finanziellen Problemen der Menschen, die vom Fürsorgeamt betreut werden. Sie befindet also darüber, ob die von den Sozialarbeitern beantragten Finanzhilfen gewährt werden können.

An 13 Sitzungen der ganzen Kommission und 6 zusätzlichen des Kommissionsausschusses wurden im Laufe des Jahres viele „Fälle" besprochen, Situationen geschildert Gründe erwogen und schliesslich Beschlüsse gefasst. Sie umfassen jeweils folgende Gruppen:

- Unterstützungen: Unterhaltsbeiträge, Überbrückungshilfen, Zahnarztkosten usw.

- Gutsprachen für Aufenthalte in Spitälern, Heimen, Kliniken u. ä.

- Zuschüsse nach Dekret: Anpassungen, Erhöhungen, Streichungen

- Winterhilfe einmalige Beiträge für Leute, die in bescheidenen Verhältnissen leben, aber von der Gemeinde nicht unterstützt werden.

Die Rezession ist spürbar, aber ich glaube, es handelt sich weitgehend um Menschen, die vorher schon Schwierigkeiten und Probleme hatten. Auffällig ist dass relativ viele junge Menschen in Not geraten.

Neben der Aufgabe, an den Sitzungen teilzunehmen, hat jedes Kommissionsmitglied ein bestimmtes Gebiet der Gemeinde zugeteilt bekommen, in dem es unter Umständen als „nebenamtlicher Fürsorger" zu wirken hat."

Peter Thomi 1986-1991

Pi Thomi wohnt seit Jahren in Schiern. Sein Handwerk ist die Goldschmiedekunst. Ein eigenes Atelier in der Stadt, intensive Mitarbeit in der Evangelisch-methodistischen Kirche und vertiefte Kenntnisse der Pflanzenwelt von ganz Europa füllten seine Zeit bereits aus, als er einen Abstecher in die Gemeindepolitik machte.

Wie bist du zu deiner Wahl gekommen?

Bei den Gemeindewahlen 1985 liess ich mich erstmals auf die Liste der EVP setzen, nicht ahnend, dass ich gerade den ersten Ersatzplatz erreichen würde. Kurz danach verliess Christine Willimann, die während der Schulzeit Klassenkameradin von mir war, krankheitshalber den Grossen Gemeinderat und ich rutsche als Grünschnabel nach. Sofort merkte ich, dass mein Zeitbudget dadurch stark strapaziert wurde.

Trotzdem bist Du dann 6 Jahre im Parlament tätig gewesen.

Ja, die politischen Zusammenhänge begannen mich zu interessieren. Es war mir ja immer klar, dass wir Christen in der Gesellschaft Mitverantwortung tragen sollten. Deshalb schloss ich mich auch der EVP an. In meiner Erinnerung bleibt mir die guten Zusammenarbeit in den beiden Fraktionen, die ich erlebte, zuerst mit der CVP und von 1990 an mit dem LdU und der FL. Dass ich nicht der geborene Macher bin, war mir klar. Gerne aber verhalf ich einer Idee, die mich überzeugte, zum Durchbruch. Die Zeit möchte ich auf keinen Fall missen; denn ich profitierte auch später davon, bessere Kenntnisse der vielseitigen Zusammenhänge, gerade auch im Finanzwesen (Lehrmeister Hans-Peter Aellig) gewonnen zu haben. Meine Themen waren vor allem kulturelle Fragen und alles, was mit Umweltschutz zu tun hatte.

Aber du erinnerst dich sicher an einen parlamentarischen Vorstoss, den du selber eingereicht oder mindestens mitvertreten hast?

Das ist tatsächlich der Fall. Nach dem Ausbau der Muhlernstrasse, die ich ja jeden Tag mit dem Bus benützte, gab es bei nassem Wetter immer wieder kleine Erdrutsche, weil die Böschung für den Radweg zu steil geworden war. Mein Postulat, doch zu prüfen, ob man die Böschung nicht mit einer dichten Bepflanzung befestigen könnte, trug schlussendlich recht rasch Früchte. Die Gemeinde konnte zwar nicht selber handeln, weil es eine Staatsstrasse ist, aber der Kanton reagierte unverzüglich, wohl auch im eigenen Interesse. Heute kann ich mit Genugtuung jeden Tag sehen, dass die Bepflanzung seit Jahren ihren Dienst erfüllt.

Häufig ist es der Fall, dass Parlamentsmitglieder auch mit Anliegen der Bevölkerung konfrontiert werden.

Das war bei mir selten der Fall. Ich erinnere mich aber noch gut an die Augustrede, die ich im Spiegel hielt. Ich wählte das Thema, dass man Fortschritte nicht auf Kosten von Bewährtem und liebgewonnenen Kulturgütern erzielen sollte. Dabei dachte ich an das Ofenhaus, das Stöckli und das Bauernhaus im Stapfen, in dem heute die Kantonalbank untergebracht ist.

Siehst du, da kommen wieder Erinnerungen hoch! Vielen Dank.

Hans-Peter Aellig 1989-1996

Hans-Peter wohnt am Siedlungsrand in Wabern mit offenem Blick auf die Berner Alpen, die ihm auch Heimat bedeuten. Sein Beruf als Finanzfachmann kam ihm in seiner freiwilligen Arbeit in öffentlichen Ämtern immer wieder zugute.

So viel ich weiss, warst du bereits vor deiner Wahl in den Grossen Gemeinderat für die Gemeinde tätig.

So ist's. Eigentlich begann meine Arbeit für die Öffentlichkeit in der Kirchenkreiskommission Wabern, der ich von 1972 bis 82 angehörte. Anschliessend wurde ich Mitglied der Gymnasiumskommission Lerbermatt und erlebte dort eine intensive Zeit. Bereits nach einem Jahr motivierte mich der Schulvorsteher Hans Jenk zur Übernahme des Präsidiums. Leiden und Freuden der Lehrerschaft, Wahlen von Lehrkräften und die Erweiterung mit einer Wirtschaftsabteilung forderten Marcel Michel, den Schulleiter, und mich sehr. Das Lösen der vielseitigen Probleme faszinierte mich, zehrte aber auch an den Kräften, da die Bank ebenfalls den vollen Einsatz erwartete.

Offenbar wurde durch deine Kommissionsarbeit die EVP auf dich aufmerksam, so dass du auf ihrer Wahlliste kandidiertest. Wie kam es dazu?

Gesundheitliche Probleme liessen es zu, dass ich an meinem Arbeitsplatz in der Bank mein Pensum reduzieren konnte. Das gab für mich einen gewissen Freiraum. Dadurch fühlte ich mich, vom wirtschaftlichen Denken herkommend, vermehrt zu sozialen, kulturellen und politischen Themen hingezogen. So war ich 1985 auf die Anfrage von Peter Wichtermann bereit auf der EVP-Liste zu kandidieren. Als erster Ersatz übernahm ich 1989 den Sitz von Herbert Zaugg im Grossen Gemeinderat.

Du hast im Rat sofort als Persönlichkeit eine erfreuliche Akzeptanz gefunden. Deine geschickte Führungsarbeit in der Gymerkommission war offenbar auch bei den grossen Parteien bekannt und allseits geschätzt.

Tatsächlich war ich schnell gut integriert. In Partei und Fraktion waren wir eine Crew im Aufwind, die sich gegenseitig Mut machte. Ich stellte eine Homogenität im Parteivorstand und eine ebenso grosse in der Fraktionsgemeinschaft Landesring, Freie Liste und EVP fest, die eine schöne Zusammenarbeit ermöglichte. Das führte sogar zu einem gemeinsamen Auftritt in der Wahlwerbung. Ich empfand unsere Position auch in der Ratsarbeit als echter Block in der Mitte.

Du vermeidest es, von deinen persönlichen Leistungen zu sprechen. Die erstreckten sich weiter als deine Arbeit in der Fraktion. Schlussendlich wurdest du ja dank deiner vielseitigen Kenntnisse in den Vorstand der Pensionskasse der Gemeinde berufen.

Im Parlament kam mein Wissen im Bereich Finanzen zum Tragen. Ich setzte mich für eine absolute Transparenz in Budget und Rechnung ein. Dazu gehörte die Einführung der Finanzkennzahlen. Die Offenlegung von gut präsentiertem Zahlenmaterial und Kennziffern waren für mich ein wirksames Mittel für die Glaubwürdigkeit in der Gemeindepolitik.

Längstens hatte ich die Erkenntnis: Man kann nicht im sozialen und kulturellen Bereich grosszügig sein, ohne die Mittel zur Verfügung zu haben. Dazu braucht es eine gesunde Wirtschaft, die die notwendigen Finanzen sichert. Meine soziale Denkweise wurde wahrscheinlich gerade deshalb auch im bürgerlichen Lager akzeptiert.

1995 erreichtest du als Präsident des Parlaments deinen politischen Höhepunkt.

Das war für mich eine schöne Auszeichnung. Gerne denke ich an die befriedigende Zeit zurück.

Marianne Streiff 1991-1998

Marianne Streiff und ihr Ehemann Jürg haben in Köniz ebenfalls EVP-Geschichte geschrieben. Jürg einige Jahre als EVP-Präsident, Marianne als Mitglied des Grossen Gemeinderats und seit 2004 als Gemeinderätin. Ausserdem wurde sie 1998 Grossrätin im Kantonsparlament.

Marianne, deine Karriere hat, wie bei den meisten Politikern, in der Gemeinde angefangen. Wie erlebtest du diesen Anfang im Könizer Parlament?

Durch die Einführung und Unterstützung von Hanspeter Aellig habe ich mich schnell in die Parlamentsarbeit eingelebt. Wir haben in unserer Fraktion (zuerst LdU und FL, später kam noch die CVP dazu) gut zusammengearbeitet. Aber auch sonst war das Verhältnis überparteilich angenehm. Es haben auch Frauentreffen stattgefunden, d. h. einmal jährlich trafen sich alle Parlamentarierinnen zu einem gemeinsamen Nachtessen, bei welchem auch politisiert und gemeinsame Strategien geschmiedet wurden. Richtig spannend fand ich die Ortsplanungsrevision, bei welcher ich in der Spezialkommission mitarbeiten konnte.

Nach dem Rückzug von Herbert Zaugg erlebtest du 1998 den unerwarteten Wechsel in den Grossen Rat des Kantons. War das ein Kulturschock oder eine ganz normale Fortsetzung der bereits gewohnten Parlamentsarbeit?

Als ich in den Grossrat kam, war das eine Riesenumstellung. Ich war nur noch eine von 200, hatte das Gefühl, ich könne gar nichts bewegen. Ausserdem war es in den Sessionen sehr lärmig, man hörte einander wenig zu. Die Parteipolitik schien vielen eine grössere Rolle zu spielen als die Lösungsfindung. Ich habe dann bald gemerkt, dass das Mitreden und -gestalten hauptsächlich in den Kommissionen stattfindet. Die Themen sind viel umfassender als in der Gemeinde und dadurch zeitaufwändig. Die Fraktionsarbeit ist durch die Komplexität viel intensiver und ein wichtiger Bestandteil, weil dort die Meinungsbildung gemacht wird.

Marianne Steck 1994-1998

Du bist mit Leib und Seele mit Wabern verbunden, wohnst an einem der ruhigsten Orte, wenn nicht gerade Brätlizeit ist, am Waldrand im Eichholz. In verschiedenen Gremien hast du dich für deinen Ortsteil eingesetzt. Dein Bekanntheitsgrad zeigte sich schon daran, dass du in den Wahlen 1993 neben Marianne Streiff und Hans Peter Aellig auf Anhieb gewählt wurdest. Was war deine Motivation, dich auf die Wahlliste setzen zu lassen?

Als Kindergärtnerin hatte ich schon immer Interesse an gesellschaftspolitischen Fragen, aber ich schaute sie aus der Perspektive der Bürgerin und nicht aus Sicht der Politikerin an. Viele Erfahrungen beim Einsatz für den Kindergarten Spiegel, die Elterngruppe der Schule Wabern, als Gründungsmitglied der Umweltgruppe, für die Rettung der Bernau, das Naturreservat Eichholz und den Kirchenkreis Wabern liessen mich erkennen, wie mühsam und verschlungen die politischen Wege sein können.

1993 liess ich mich für die EVP auf die Liste setzen, weil ich Interesse hatte, doch die politischen Strukturen mal aus der Sicht der Gegenseite kennen zu lernen - und wurde auf Anhieb als 3. Mitglied der EVP in den Grossen Gemeinderat gewählt.

Du hast bestimmt viele verschiedene Eindrücke und Erlebnisse aus der Parlamentstätigkeit in Erinnerung. Eine gute Zeit?

... sogar sehr gut, faszinierend und lehrreich, eine Superzeit. Ich sah in Bereiche hinein, in denen ich zuerst die notwendigen Kenntnisse erarbeiten musste: Katasterpläne, Bauprojekt Schulhaus Morillon, Überbauung Dreispitz, Projekt Gurten...

In den Fraktionssitzungen erlebte ich durch klare Darlegungen der Erfahrenen einen toleranten, sorgfältigen und rücksichtsvollen Umgang mit der Sache bis zur Meinungsbildung. Die Debatten im Rat waren aufregend, nervenkitzelnd, besonders bei knappen Entscheidungen. Wer bringt die entscheidende Stimme? Das führte zu seriösem Argumentieren und Abwägen. Souveräne Leute begegneten einander respektvoll. In der Verwaltung klopfte ich plötzlich als öffentliche Person an offene Türen und traf auf hilfsbereite Leute.

So wie du den Ratsbetrieb schilderst, hast du jeweils intensiv mitgefiebert. Wie hat sich das auf die andern Ratsmitglieder und die Bevölkerung ausgewirkt, wurdest du akzeptiert?

Ich wurde ernst genommen. Mir wurde der Rücken gestärkt. Als Parlamentarierin hatte ich einen ganz anderen Stand als früher als „gewöhnliche" Bürgerin. Wenn andere Waberer Ratsleute anderer Meinung waren, kam es vor, dass sie mich taktvoll aus dem Spiel liessen und nicht versuchten, mich umzustimmen.

Wofür hast du dich denn besonders eingesetzt, zum Beispiel mit eigenen Vorstössen?

In dieser Beziehung war ich im Rat eigentlich wenig aktiv. Meine entscheidenden Vorstösse habe ich früher als Privatperson gemacht ...und auch mit Beharrlichkeit und Geduld erfolgreich umgesetzt, (siehe Antwort am Anfang). Ich versuchte einfach mit meiner Stimme den für mich überzeugenden Vorstössen meiner Fraktionsgenossinnen und -genossen zum Durchbruch zu verhelfen.

Peter D. Deutsch 1997-2004

Während 22 Jahren wohnte die Familie Deutsch im Spiegel. Vor zwei Jahren, 2005, verliess sie das Miethaus in der Gemeinde Köniz und zog nach Schönbühl in eine Eigentumswohnung. Peter D. Deutsch führt eine Anwaltspraxis in Bern. Er hat für die EVP viel Kraft und Zeit zur Verfügung gestellt, war er doch zeitweise auch Parteipräsident und Fraktionsvorsitzender.

Was überzeugte dich, um in der EVP mitzuarbeiten?

Angeworben hat mich 1975 Otto Zwygart (Junior) noch als Student. Ich war mehr interessiert, als engagiert, wurde aber geprägt durch die Politgruppe der VBG, wo man Politik aus christlicher Sicht diskutierte. Nach dem Studienabschluss zog ich in den Kanton Zürich, arbeitete dort in der EVP mit und war auch Bezirksparteipräsident in Horgen.

In deiner Politkarriere im Grossen Gemeinderat erreichtest du den Aufstieg bis zum „höchsten Könizer" im Jahr 2003. Erinnerungen an diese Zeit?

Am Anfang meiner Ratstätigkeit war die Situation im GGR mühsam, weil die bürgerliche Mehrheit den Lauf der Geschäfte bestimmte. Es war so kein Dialog möglich. Ab 1998 stand es 20 zu 20 Sitze, d. h. rechts und links war genau ausgewogen und der Präsident konnte mit Stichentscheid den Ausgang beeinflussen. So war sachorientiertes Politisieren schwierig. Meiner Wahl als GGR-Präsident ging ein spannendes Prozedere voraus. Mein Gegenkandidat erhielt genau gleich viel Stimmen, woraus der Ratsschreiber die Wahl durch das Los mit einer Münze entschied. Ich wählte den "Kopf" (eigentlich die Figur der Helvetia). Der Zweifränkler fiel mit der Zahl nach unten - ich war damit zum 2. Vizepräsidenten gewählt. Und wurde später für ein Jahr Präsident des GGR! Der Ratsschreiber übergab mir dann den Zeifränkler zum Andenken und Ratskollegen vergoldeten ihn für mich in einem Bilderrahmen als Andenken.

Waren dir bestimmte Anliegen besonders wichtig, die du mit Vorstössen beeinflussen konntest?

Die Verselbständigung der Pensionskasse (damit mit Pensionskassengelder das neue Gemeindehaus finanziert werden konnte). Dieses Geschäft wird erst 2007 endgültig erledigt. Das Verbot von Sexlokalen in Wohnzonen und gemischten Zonen. Die Gemeindefinanzen.

Auch als Fraktionspräsident wurdest du gefordert. Wie erlebtest du die Zusammenarbeit mit andern Parteien?

Am Anfang sehr gut. Später gab es Probleme mit Personen, deren Einstellungsfragen sich nicht mehr mit gemeinsamen politischen Ansichten deckten. K 2005 war eine Zukunftsvision, in der das Parlament und der Gemeinderat eine gemeinsame Sicht und Strategie entwickeln wollten. Da hatte die Exekutive Mühe, weil es für den Gemeinderat eine gewisse Kompetenzreduktion gegeben hätte.

Die Bevölkerung scheint sich wenig um Politik zu kümmern. Hast du Rückmeldungen erhalten?

Selten gab es positive Rückmeldungen. Im Ganzen war es aber schwierig, weil meiner Ansicht nach keine Gesprächspartner da waren, einfach bei der EVP eine zu wenig breite Basis.

Peter Hug 1998-2000

Peter Hug ist Mathematiker und wohnt mit seiner Familie in einem Einfamilienhaus am westlichen Südhang von Oberwangen. Die Distanz zur Kesslergrube, dem zeitweise umstrittenen Kiesabbaugebiet Wangental, beträgt nur ungefähr 500 Meter Luftlinie. Diese Grube war unter anderem Ausgangspunkt seiner politischen Tätigkeit.

Peter, du warst im Dorf bereits bekannt, als du für den Grossen Gemeinderat kandidiertest.

Die Kiesabbauplanung weckte mein Interesse. So kam es, dass ich in den Vorstand des Ortsvereins gewählt wurde. Jürg Streiff, damals Präsident der EVP Köniz, erklärte mir die Lärm-, Luft- und Verkehrsbelastung im Dorf als jahrelanger Beobachter. Diese Beziehung führte zu meinem Eintritt in die EVP. Zu diesem Zeitpunkt war ich Präsident des Ortsvereins.

Eigentlich logisch, dass mich Jürg 1997 zur Kandidatur ermunterte. Zwar war die christliche Tradition in meiner Familie nicht dominant, aber ich fühlte mich weder nach rechts noch nach links gezogen, deshalb passte für mich die EVP als Mittepartei.

Dein Eintritt ins Parlament erfolgte nicht direkt nach den Wahlen, somit bist du als Nachfolger während der Legislatur nachgerückt. Welche Umstände führten dazu und mit welchen Gefühlen bist du eingetreten?

Marianne Streiff übernahm im Frühling 98 im Grossen Rat des Kantons den Sitz des nicht antretenden Herbert Zaugg. Die Doppelbelastung war ihr zu gross und ich trat an ihrer Stelle ins Könizer Parlament ein. Für mich war das eine Überraschung. Mit einer positiven Einstellung arbeitete ich mich schnell ein. Mein Interesse an den politischen Zusammenhängen wuchs noch.

Wie erlebtest du die Ratsarbeit, Fraktion, Kolleginnen und Kollegen ganz verschiedener politischer Färbung?

In sehr guter Erinnerung sind mir die fundierten Erläuterungen und lösungsorientierten Diskussionen in den Fraktionssitzungen. Es war eine wirklich konkrete, politische Themenvertiefung, fast immer ohne ideologische Brille der Teilnehmenden aus drei Parteien. Mit unsern Argumenten fanden wir dann auch die Akzeptanz im Rat. Es kam dort verschiedene Male vor, dass es bei Abstimmungen unentschiedene Resultate gab und somit das Präsidium den Stichentscheid geben musste. Ich fand die Sitzungen auch sehr diszipliniert und die Entscheide sachbezogen und beobachtete kaum Ränkespiele. Dazu bewunderte ich immer wieder die Leute, welche die anstrengende, aufwändige Arbeit während längerer Zeit mit Engagement durchstanden.

Du hast ja die Fähigkeit, dich schnell in eine Materie hineinzudenken. Beim Thema Kiesabbau hast Du die komplizierten politischen Abläufe miterlebt und taktisches Verhaften geübt. Hast du in dieser Sache auch politische Vorstösse gemacht?

Eigentlich nicht. Am besten erinnere ich mich an die Mithilfe im Zusammenhang mit einem Landverkauf, der beim Bahnhof Niederwangen Land für die öffentliche Verwendung sicherte.

Leider bist du bereits vor Ablauf der Legislatur wieder zurückgetreten.

Ja, ungern. Gesundheitliche Gründe zwangen mich leiser zu treten. Familie und Beruf hatten Vorrang.

Monika Wandel 1998-2003

Monika Wandel lebt mit ihrer Familie in Wabern. Sie war von 1999 bis 2003 als EVP-Vertreterin im Grossen Gemeinderat.

Wie bist du zur EVP gekommen?

Es war seinerzeit Hanspeter Aellig, der mich bewog, als Kassierin bei der EVP Köniz mitzumachen - nur um die Kasse zu führen und ohne weitere Verpflichtungen wie Sitzungen und so weiter. Schliesslich holte er mich zu jeder Sitzung ab! So bin ich in die politische Arbeit gerutscht.

Du wurdest als Mitglied in den Grossen Gemeinderat und in die Fürsorgekommission gewählt. Welches sind die prägnantesten Erinnerungen an diese Zeit?

Zweifellos der Wirbel, der durch meinen Vorstoss gegen die Sex-Videokabinen im Kaffee Moskau im Steinhölzli-Quartier ausgelöst wurde. Die Betreiber des Lokals machten mobil und es dürfte Seltenheitswert haben, dass an einer GGR-Sitzung eine Demonstration mit Plakaten stattfindet. Meine Mitunterzeichnerin - Kathrin Seldelmayer - und ich wurden beschuldigt, Arbeitsplätze zu vernichten! Die Kabinen sind später ebenso verschwunden wie das Kaffee Moskau. Die Angelegenheit wurde allerdings erst 2006 durch das Bundesgericht entschieden, das uns Recht gab. Keinen Erfolg hatte ich mit meinem Votum für die Abschaffung des Untergymnasiums.

Wie erlebtest du den Ratsbetrieb?

Er funktioniert nicht spontan. Im Parlament wird sehr wenig bewegt. Meist ist alles in den Fraktionen abgesprochen und das Abstimmungsverhalten ist festgelegt. Warum bist du überraschend im Jahr 2003 zurückgetreten? Meine Mutter wurde schwer krank und ich sah damals meine Aufgabe, für sie da zu sein. Daneben bin ich seit 1995 in der Geschäftsleitung der kantonalen EVP tätig. Dort bin ich zurzeit als Vizepräsidentin recht stark gefordert

Die Leute 50 Jahre später (2006!)

Die Ratsmitglieder aus dem Jahr 2006 stellen sich vor:

Marianne Streiff, Oberwangen

Gemeinderätin seit 2004 Grossrätin seit 1998

Nach dem Rückzug von Herbert Zaugg erlebte ich 1998 den unerwarteten Wechsel in den Grossen Rat des Kantons. Das war eine Riesenumstellung. Ich war nur noch eine von 200, hatte das Gefühl, ich könne gar nichts bewegen. Ausserdem war es in den Sessionen sehr lärmig, man hörte einander wenig zu. Die Parteipolitik schien vielen eine grössere Rolle zu spielen als die Lösungsfindung. Ich habe dann bald gemerkt, dass das Mitreden und -gestalten hauptsächlich in den Kommissionen stattfindet. Die Themen sind viel umfassender als in der Gemeinde und dadurch zeitaufwändig. Die Fraktionsarbeit ist durch die Komplexität viel intensiver und ein wichtiger Bestandteil, weil dort die Meinungsbildung gemacht wird.

Auf zwei Ebenen Behördemitglied sein, ist wie in zwei Welten leben. Die Exekutivarbeit in Köniz ist für mich die spannendste Art zu politisieren. Hier kann man wirklich prägen und gestalten, und was man sagt, hat grosses Gewicht. Das verpflichtet mich aber auch, mich intensiv und verantwortungsvoll mit den Themen auseinanderzusetzen.

Die Arbeit ist aber in beiden Gremien sehr interessant. Themen, die im Kanton behandelt werden haben meistens eine grosse Auswirkung auf die Gemeinde. Auf beiden Seiten tätig zu sein gibt mir ein umfassendes Bild bei verschiedensten Themen.

Ein Beispiel: Ich war im Kanton im Strategischen Lenkungsgremium für das neue Polizeigesetz und im Grossrat in der vorberatenden Kommission. Nun muss ich auf Gemeindeebene die Kantonalisierung der Polizei umsetzen und kann mit dem Kanten unseren Ressourcenvertrag aushandeln. Da kann ich mich auf ein breites Wissen abstützen und Synergien nutzen. Das kommt sowohl der Politik im Kanton wie auch in der Gemeinde zugute. Ich arbeite viel für meine beiden Ämter, aber ich bin voll motiviert und mache den Job sehr gerne.

Hermann Gysel, Schliern

Mitglied Parlament seit 2004

Nach dem Physikstudium begann ich meine 2. berufliche Tätigkeit bei der Forschung und Entwicklung der PI I und später wechselte ich in den Bereich Netzentwicklung von Swisscom Fixnet. Ich bin mit Silvia verheiratet und wir haben 4 Kinder, die heute erwachsen sind.

Am 1.8.2004 bin ich als Nachfolger von Peter Deutsch ins Parlament von Köniz „gerutscht". Meine Motivation ist die tiefe Überzeugung, dass das Milizsystem eines Parlaments ein taugliches Mittel für die Steuerung der politischen Entscheide ist, falls wir „man sollte" durch „ich tue es" ersetzt. Deshalb lege ich selbst Hand (und Kopf) an, weil ich die Chance dazu erhalten habe. Es gibt eine Reihe interessanter Arbeiten und auch ein paar langfristige Herausforderungen. Zu den normalen Arbeiten gehören die kritische Beurteilung von Geschäften und Vorstössen im Parlament, die Diskussion in der Fraktion und die Gespräche in der Einbürgerungskommission. Zu den längerfristigen Herausforderungen zähle ich den Umgang mit den Finanzen und die Fragen, die sich rund um die bürgerliche Initiative „5 statt 7 Gemeinderäte" stellen.

Marco Streiff, Oberwangen

Mitglied Parlament seit Sommer 2003

Mit Jahrgang 1983, als kirchlicher Jugendarbeiter und angehender Lehrer liegen mir besonders die jungen Menschen am Herzen. Durch mein politisches Engagement will ich mithelfen, dieser jungen Generation eine positive und gesunde Zukunft zu ermöglichen.

Es macht Spass, zusammen mit den mehrheitlich etwas älteren Parlamentskolleginnen und -kollegen dieses Ziel zu verfolgen. Insbesondere die Arbeit in den verschiedenen Kommissionen empfinde ich als sehr interessant, weil man dort mehr „bewegen" kann, als an einer Ratsdebatte. Politik ist aber manchmal auch frustrierend: zum Beispiel können aufgrund der knappen finanziellen Lage viele gute Ideen nicht realisiert werden, oder man diskutiert stundenlang über Kleinigkeiten, ohne grosses Resultat. In solchen Situationen ist dann Durchhaltevermögen gefragt. Motivation gibt mir immer wieder der Glaube an Jesus Christus und die biblischen Werte, die ich als zentrale Elemente für mein Leben und meine Arbeit bezeichne.

Ich wünsche mir, dass noch vermehrt junge Menschen den Weg in die „aktive Politik" finden, denn ich bin überzeugt, eine gute Ausgewogenheit zwischen den Generationen und politischen Orientierungen ist für unseren demokratischen Staat von Vorteil.

Rolf Zwahlen, Mittelhäusern

Mitglied Parlament seit 2000

Geboren am 23.5.1960, aufgewachsen in Niederscherli, seit Herbst 1988 wohnhaft in Mittelhäusern. Verheiratet, 3 Kinder im Alter von 17-21 Jahren. Beruf: Gelernter Mechaniker, heute Entwicklungsingenieur bei Styner+Bienz in Niederwangen. Hobbys: Bienenzucht, Singen im Gospelchor, Motorradfahren. EVP-Politik: Am 13. November 2000 wurde ich als „Neuling" im Parlament begrüsst. lnterimspräsident der Ortspartei seit der HV vom 4. Mai 2006.

Motivation: In gut 6 Jahren Gemeindeparlament habe ich verschiedene Phasen der Motivation durchlebt.

- Aus Verantwortung gegenüber Gott, gegenüber der EVP und meinen Wählern habe ich begonnen.

- Bald kam auch Begeisterung: Viel Information, wertvolle Bekanntschaften mit interessanten Menschen, tiefgründige Gespräche und heisse Debatten sind eine Bereicherung für mein Leben. Besonders die Arbeit in der Geschäftsprüfungskommission war intensiv und spannend.

- Dann Bewusstsein: Die Entwicklung der Gesellschaft hängt ab von Menschen, die etwas bewegen; in der Familie, in der Glaubensgemeinschaft und in der kleinen und grossen Politik. Und ist der eigene Beitrag auch sehr gering, wir dürfen die Zukunft nicht einfach fremd bestimmen lassen.

- Und halt auch Ernüchterung: Warum mache ich das? Andere würden vielleicht besser, mit neuem Schwung und besseren Ideen mehr erreichen.

Mir scheint sehr wichtig, dass sich mehr Menschen am politischen Geschehen beteiligen.

 

Zurückblicken - Vorwärtsschauen; 1956-2006: 50 Jahre EVP Köniz

Impressum: Evangelische Volkspartei Köniz

Redaktion: Peter Wichtermann, Grosshöchstetten; Herbert Zaugg, Schliern

EVP-Ratsmitglieder bis 2006

Grosser Gemeinderat (Parlament)

Gemeinderat Köniz (Exekutive)

Räte ausserhalb Gemeinde (Legislativen)

Jahre: Name, Ort, Funktion

1958-1969: Zwygart Otto, Köniz /  Nationalrat

1962-1971: Thomet Reinhold, Köniz

1970-1978: Moser Heiner, Köniz

1972-1976: Rohmann Kurt, Köniz

1977-1988: Zaugg Herbert, Schliern

      1990-2003: Gemeinderat

      1983: Präsident GGR

1979-1985: Willimann Christine, Spiegel

1986-1991: Thomi Peter, Schliern

1989-1996: Aellig Hans-Peter, Wabern

    1995: Präsident GGR

1991-1998: Streiff Marianne, Oberwangen

     1998- : Grossrätin

     2004- : Gemeinderätin

1994-1998: Steck Marianne, Wabern

1997-2004: Deutsch Peter, Spiegel

     2003: Präsident GGR

1998-2000: Hug Peter, Oberwangen

1998-2003: Wandel Monika, Wabern

2000-   : Zwahlen Rolf, Mittelhäusern

2003-   : Streiff Marco, Oberwangen

2004-   : Gysel Hermann, Schliern